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D - wie Dosis
... denn die Dosis macht das Gift
… Dass die Zahl psychischer Erkrankungen stetig wächst, erwähnte ich ja bereits im letzten Beitrag.
Als Begründung und Erklärung hierfür hören wir meist: Stress und Leistungsdruck nehmen immens zu.
Da könnte der Eindruck entstehen, die Lösung wäre, allen Stress aus unserem Leben zu verbannen. Dann ist doch alles wieder gut, oder?
Was dann passieren würde ist, dass wir in das genau entgegengesetzte Extrem verfallen könnten und uns genau der Stress fehlen würde, der uns gut tut, der uns positiv fordert und sogar die Batterien auffüllt, weil er Glückshormone produziert. Sich nach einem besonders anstrengenden Tag am Abend geschafft, aber dennoch auch sehr erfüllt und glücklich zu fühlen, kennt sicherlich jeder.
Die Extreme sind es, die uns in eine Schieflage und ins Ungleichgewicht bringen und sich nicht selten mit körperlichen Symptomen bemerkbar machen.
Aber wie merken wir, dass die Dosis genug ist, gerade wenn uns die Dinge gerade Spaß bereiten und wir mit Leidenschaft und Herzblut dabei sind, ganz egal, ob das im Job ist oder privat?
Ich habe an dieser Stelle eine gute und eine schlechte Nachricht: bei Dingen, die wir das erste Mal machen und nicht auf Erfahrungswerte zurückgreifen können, gilt: „learning by doing“.
Das Gute daran ist, haben wir einmal in einer bestimmten Sache die sogenannte Grenzerfahrung gemacht, ab wann uns etwas nicht mehr bekommt, hat unser Gehirn das abgespeichert und sendet uns zeitnah Signale, wenn wir künftig an diese Grenze kommen.
Sind wir dann in der Lage, diese Impulse wahrzunehmen und sie zu befolgen, können wir stoppen und zu einer anderen Aktivität übergehen und uns so im Gleichgewicht halten.
Hören wir denn nicht ab einem bestimmten Alter von ganz alleine auf, Grenzen zu überschreiten, weil wir doch so etwas wie altersweise werden und allgemein vorsichtiger mit allem?
Ja, das kann zum Teil sein. Und zwar bei den Menschen, deren Interesse wenig oder gar nicht ausgeprägt ist, immer wieder Neues entdecken zu wollen - aus den unterschiedlichsten Gründen kann das der Fall sein, dass sie meinen, ab jetzt kenne und weiß ich alles und das genügt. Das darf natürlich so sein.
Nun sind wir jedoch auf die Welt gekommen mit einem gehörigen Paket an Ideen, Vorstellungen, Wünschen, Sehnsüchten, Träumen, Talenten, Fähigkeiten …. und bei weitem lassen sich nicht alle in diesem Leben bedienen und ausprobieren. Deshalb ist die Wahrscheinlichkeit auch groß, dass das Bedürfnis nach Neuem bis ins hohe Alter in der Regel anhält, worüber sich übrigens unser Gehirn aus gutem Grund sehr freut und dankbar ist. Aber dazu an anderer Stelle mehr.
Wer also - egal in welchem Alter - nie aufhört, sich auszuprobieren in Dingen, die ihn interessieren und neugierig machen, hat eine große Garantie, sich erfüllt, glücklich und zufrieden zu fühlen, weil er sich stetig weiterentwickelt und Neues dazulernen möchte - sprich, das Bedürfnis nach Persönlichkeits- und Potenzialentwicklung hat.
Und dann gehören einfach auch diese oben beschriebenen Grenzen dazu, mal mehr, mal weniger, manchmal eben auch schmerzvoll …
… wovon ich ein Lied singen kann und aus dem Nähkästchen geplaudert, fällt mir folgende Begebenheit ein: Vor einiger Zeit hatte ich furchtbare Schmerzen der Bandscheiben oder zumindest um diesen Bereich herum, die sage und schreibe über ein 3/4 Jahr gingen. Ich wusste nicht, wie ich sitzen, stehen, liegen sollte.
Ich ging ich auf Spurensuche und zerbrach mir den Kopf darüber, woher das kommen konnte und wie ich das endlich wieder los werde, hielt eine falsche Bewegung oder Verdrehung für den Auslöser, konnte mich aber an nichts dergleichen erinnern und war schier verzweifelt, denn selbst das Drehen im Schlaf in der Nacht, ließ mich jedes Mal vor Schmerzen wach werden.
In dieser Zeit stand mir auch irgendwie nicht mehr der Sinn, mich an mein kürzlich (etwa ein 3/4 Jahr vorher !) angeschafftes Klavier zu setzen und die neu gelernten Stücke, die ich zuvor mit großer Begeisterung, viel Ehrgeiz und noch mehr Spaß und Freude in so kurzer Zeit gelernt hatte, dass es einem schon schwindelig werden konnte. Auch schloss ich - nach dem ich mich nochmals vergewisserte, dass der Klavierhocker für mich die richtige Position und Höhe hat -, das Klavier als Ursache aus.
Interessanterweise geriet ich in dieser Zeit der großen Schmerzen an Informationen, wie wichtig die Atmung ist und dass der Atem im Fluss bleiben muss, wenn man ein Instrument spielt und lernte darüber die sogenannte Alexandertechnik kennen, mit der man Verspannungen, Blockaden und Verkrampfungen vermeiden bzw. wieder lösen kann - eine häufige Problematik, mit der Musiker oft zu tun haben, wenn sie konzentriert und in einer bestimmten Haltung verharrend ihre Stücke spielen.
Die große Alltagstauglichkeit dieser simpel und nahezu unscheinbar daherkommenden aber so wirksamen Übungen begeisterte mich, und ich probierte sie kurzerhand aus.
Der Kollege Zufall hatte mich ganz offensichtlich auf diese Art und Weise zu meinen Antworten geführt, denn die Schmerzen wurden langsam besser und besser - sicher auch, weil ich nicht mehr pausenlos am Klavier saß - und verschwanden schließlich.
Was für eine Lektion! Ich bekam auf schmerzliche Weise gezeigt, wie sehr ich die Grenze des Bekömmlichen für mich überschritten hatte. Als ungeübte und unerfahrene Neu-Klavierschülerin habe ich die Dosis so dermaßen überschritten, dass sich das eigentlich Positive - weshalb ich das Klavierspielen lernen und ausüben wollte - ins absolute Gegenteil schlug.
Und nein, das hätte ich nicht vorher ahnen können. Auch wenn ich mich das rückblickend oft gefragt habe, weil dann später die Antwort so logisch und einfach erscheint - aber das ist wohl menschlich :-).
Was jedoch rückblickend Sinn macht ist zu reflektieren, mit welchen Signalen der Körper die drohende Überforderung angezeigt haben könnte. Und das sind die eigentlichen wertvollen Erkenntnisse, die uns künftig davor schützen, die Dosis erneut zu überschreiten.
Fazit: um das Ausmaß einer möglichen Überforderung einzuschränken, lohnt sich, auf seine Impulse zu achten, seiner Intuition zu folgen und die Signale des Körpers ernst zu nehmen und sie nicht im Eifer des Gefechts wegzudrücken, weil der Wille, Antrieb und die Motivation im Moment stärker sind.
Unser Körper, dieses unglaubliche Wunderwerk der Natur, kommuniziert ständig mit uns und macht einen großartigen Job. Er registriert genau, ob wir einer Anspannung auch eine entsprechende Entspannung folgen lassen und wieder für einen Ausgleich sorgen.
Dabei ist es ihm völlig egal, um welche Art Anspannung es sich handelt.
Wichtig ist, dass wir zeitnah aus dieser Anspannung wieder herausfinden und etwas machen, was uns wieder entspannt und damit dafür sorgen, keinen Dauerzustand daraus zu machen.
Und das gilt sowohl für uns im Job, in der Freizeit, in der Familie - in allen Lebensbereichen.
Schärfen wir unseren Blick für die Dosis - die Dosis, die für u n s bekömmlich ist, denn auch hier gilt es, uns als Individuum zu betrachten, mit unseren Kräften, Energien und Kapazitäten.
Ein anderer schafft da vielleicht mehr, als wir - verträgt möglicherweise eine höhere Dosis, ist trainierter und verfügt über andere Gewohnheiten.
Wir orientieren uns jedoch an uns, ausschließlich! Auch wenn das in unserer Welt, die voller Schubladen und Normen ist, nicht immer ganz einfach ist.
Bleiben Sie neugierig und hören Sie nicht auf, dazulernen zu wollen und Neues zu entdecken - denn die Summe der gemachten Erlebnisse bereichert unser Leben so ungemein und gibt uns zudem ein Gefühl von Erfüllung, Glück und Zufriedenheit, dass es sich lohnt, diesem Bedürfnis in uns nachzugehen!
Dienstag, 13. März 2018